S bis Z - Hochzeitsgrüße


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Hugo Salus



Hochzeitsreise

Heut früh, beim Durchdiefeldergehn,
Hab' ich was Wunderbares gesehn:
Über die Schienen, durchs Grün gezogen,
Kam ein donnernder Zug geflogen.
Auf der Maschine, wer lenkte den Flug?
Stand ein Bübchen und führte den Zug,
Nackt und schien sich mit Flüglein zu fächeln
Und mich Staunenden anzulächeln.
Aus dem Schlote bei jedem Stoß,
Stieg ein Wölkchen, nicht eben groß,
Aber das ganze wirblichte Wölkchen
Nichts, als ein lachendes Puttenvölkchen!
Und das löst sich und setzt sich aufs Dach
Oder flattert dem Zuge nach,
lustig im Frühlingswinde sich wiegend,
Gaukelnd die donnernden Wägen umfliegend,
Auf und nieder und eng gedrängt
Oder vom Wind durcheinander gemengt.
Wie ich so staune, - wer sah auch im Leben
Je so ein Wunder vorüberschweben! -
Seh ich an einem Fenster zwei,
Als ob ich's selbst und mein Schätzchen sei,
Und aus den Lüften lockt eine Weise:
"Hochzeitsreise, Hochzeitsreise!
Wenn du hier stehst, so wird nichts daraus!
Narr, lauf der Liebsten nur gleich ins Haus!
Allerorten stehn solche Züge
Für zwei Brautleute. Fliege! fliege!" -
Könnt euch denken, wie närrisch ich lief!
Wie ich mein Liebstes mit Namen rief!

Hugo Salus


Der Spiegel

Die Hochzeitsgäste waren kaum zu Haus,
Verschwand das Bräutchen von dem Hochzeitsschmaus
Wo hüpft sie hin? Ins Mädchenkämmerlein.
Der junge Ehemann schleicht hinterdrein.

Was nur dies tolle Kinderköpfchen will?
Vor ihrem hohen Spiegel hält sie still,
Die Schleppe nimmt sie auf. O, welche Pracht!
Und macht sich einen tiefen Knix und lacht.

Sie winkt sich zu und lacht mit Mund und Blick:
"Frau Doktorin, ich wünsche herzlich Glück."
Da geht die Thür. Ihr Mann! O, welcher Schreck!
Ein leiser Schrei. Sie will errötend weg.

Er aber schlingt den Arm um ihren Leib:
"Frau Doktorin! Du Kind! Mein liebes Weib!"

Hugo Salus


Kurt Tucholsky



Er verheiratet sie

Reicht mir den Kranz, reicht mir den Myrtenschleier!
Der Unschuld grünes Kränzlein tragt herbei!
So schick ich Clairen an Direktor Meyer - -
(Mitgift anbei).

Bedenk: Du schreitest nun ins wilde Leben!
"Zum ersten Mal" - ein schwerer Schritt, mein Kind!
Was früher war, Gott, das vergißt man eben . . .
und er -
ist blind.

Sein Tastsinn sei ein wenig unentwickelt,
und tobt er brüllend wie ein brünstiger Leu:
dann glänzt die liebe Unschuld frisch vernickelt
so gut wie neu . . .

So zeuch denn hin, du liebe Maculata!
Zart überhaucht von bräutlich rosa Glück . . .
Ich hätt gelacht? Todernst. Wie eine Fata
Morgana verschwindest du - -
ich grüße leicht zurück.

Kurt Tucholsky


Ottilie Wildermuth



Einer lieben Tante

Die Jüngsten und die Kleinsten
hält man vom Fest so fern;
zu Deinem Fest erscheinen
wir dennoch heute gern.

Wir möchten Dich noch sehen
im Schleier und im Kranz,
eh' Du wirst ferne gehen
und von uns scheiden ganz.

Mit Märchen und Geschichten
hast Du uns erst erfreut,
nun kannst Du erst berichten
von eig'nem Glück und Freud'.

Das soll Dir helle scheinen,
Dich leiten in der Fern',
wer die Jungen liebt und die Kleinen,
den haben die Großen gern.

Ottilie Wildermuth


Anton Wildgans



Einer Braut

(1906)

Ein heimlich Wunder, über Nacht geschehn ...
Wo schlief es denn, eh' es so jung erwacht?
In dir? - In ihm? O süßes Auferstehn!

Nun ist es da mit sanfter Flammenmacht
Und wandelt dich in einem Augenblick -
Dies Wunder, das geschehen über Nacht.

Und alles, was du bist, ist eitel Glück,
Und alles hat so plötzlich andern Sinn:
Dein Blut und deine Hände und dein Blick,

Und deine Sehnsucht, diese Träumerin.
Die jetzt die trunken weißen Segel hißt
Zu Heim und Herd, zu anderm Sein und Sinn

Und eitel Glück ist alles, was du bist ...

Anton Wildgans


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